- Johannes der Täufer
- Johannes der Täufer,prophetischer Bußprediger; nach Evangelium des Lukas 1, 5 ff. Sohn des Priesters Zacharias. Außer dem Neuen Testament, das ihn als »Vorläufer« Jesu Christi darstellt, berichtet der jüdische Geschichtsschreiber Josephus Flavius über ihn (»Antiquitates Judaicae« XVIII 5, 2). Er trat um 28 n. Chr. öffentlich auf und hatte ähnlich wie andere Propheten in dieser Zeit einen Jüngerkreis um sich (zeitweise in Konkurrenz zur Jesusbewegung). Charakteristisch für ihn waren seine asketische Lebensweise in der Wüste, die Mahnung zu Buße und »Umkehr« angesichts des bevorstehenden Reiches Gottes und die Taufe als Zeichen der Sündenvergebung. Dieser Taufe durch Johannes unterzog sich auch Jesus, der eine Zeit lang wohl zu den Jüngern des Johannes gehörte. In der Forschung ist umstritten, ob zwischen Johannes und der Gemeinde von Qumran Verbindungen bestanden. Nach Markus 6, 14-29 wurde Johannes von König Herodes Antipas gefangen genommen und - angeblich auf Wunsch von Herodes' Frau Herodias und deren Tochter Salome - enthauptet. Seit dem 4. Jahrhundert wird sein Grab in Samaria verehrt, während zugleich mehrere Städte den Anspruch erhoben, das Haupt des Johannes zu besitzen (Konstantinopel, Emesa [heute: Homs], Damaskus). - Heiliger (Tag: 24. 6.). Die orthodoxe Kirche gedenkt des Johannes an mehreren Tagen: 24. 6. (Geburt), 29. 8 (Enthauptung), 23. 9. (Empfängnis), 24. 2. (Entdeckung des Hauptes) und 25. 5. (Beisetzung des Hauptes in Konstantinopel).In der bildenden Kunst wird Johannes zunächst nur in Verbindung mit der Taufe Jesu Christi im Jordan dargestellt, erst später auch als Einzelfigur, meist als mit einem Fell bekleideter Bußprediger mit dem Lamm als Attribut (Lamm Gottes). Ein weiteres Attribut ist der Kreuzstab. Johannes erscheint in Weltgerichtsbildern mit Maria fürbittend zur Linken des Weltenrichters (Deesis), als Einsiedler in einer Landschaft, als Prediger in der Wüste, bei der Taufe Jesu Christi sowie in Szenen, die mit seiner Enthauptung in Zusammenhang stehen. Auch Salome mit dem abgeschlagenen Haupt des Johannes in einer Schüssel wurde dargestellt. Daraus entwickelte sich um 1300 das Motiv der Johannes-Schüssel mit dem Haupt des Johannes, das als Hochrelief über der Tür oder in Johannes- und Taufkapellen angebracht wurde. Seit der Renaissance entstanden auch Darstellungen des Jesuskindes mit dem Johannesknaben (und Maria). Für Taufkapellen und Taufbrunnen wurden häufig Reliefs mit Szenen aus dem Leben des Johannes angefertigt. Eine Skulptur des Johannes oder eine plastische Gruppe mit Johannes, der Jesus tauft, bildet die Bekrönung vieler Taufbecken.Volkskundliches:Das seit dem 5. Jahrhundert unter Bezug auf Evangelium des Lukas 1, 36 um den Mittsommertag begangene Geburtsfest des Johannes (Johannistag, Johannisfest, Mittsommerfest; früher auch »Sommerweihnacht«) hat zahlreiche, zum Teil sehr alte (germanische, keltische, slawische) Bräuche zur vorangegangenen Sommersonnwende (u. a. Scheibenschlagen, Feuerrad) an sich gezogen, denen häufig ein sekundärer Bezug zu Johannes unterlegt wurde, später auch eine Fülle von Wettkampfspielen, die motivisch oft mit Mai- und Pfingstbräuchen verwandt sind. Seit dem 12. Jahrhundert bezeugt und über ganz Europa verbreitet findet sich das Johannisfeuer (das »verchristlichte« Sonnwendfeuer; wurde von Predigern auf Evangelium des Johannes 5, 35 hin gedeutet): Ein Holzstoß wird entzündet, umtanzt und übersprungen; Rauch, Glut und Asche dienten zu magischen Zwecken. Noch heute werden (v. a. im Alpenraum) solche Feuer abgebrannt. Dem Volksglauben nach wirken in der dem Johannisfest vorausgehenden Johannisnacht segensreiche wie auch gefährliche Kräfte; er gilt als Lostag (Zukunftsdeutung im Traum, Liebesorakel). Die in dieser Nacht gesammelten Kräuter (»Johanniskräuter«) sollten vor Krankheit u. Ä. schützen und auch für magische Praktiken nützlich sein (Johanniskränze und -kronen). Einige Namen von Tieren und Pflanzen entstanden aufgrund ihres jahresrythmischen Bezuges zum Johannistag (Johannesbeere, -kraut, -käfer, -würmchen).K. Backhaus: Die »Jüngerkreise« des Täufers Johannes. Eine Studie zu den religionsgeschichtl. Ursprüngen des Christentums (1991);J. Ernst: J. d. T. - der Lehrer Jesu? (1994);
Universal-Lexikon. 2012.